Was mir in der Arbeit mit Männern wichtig ist:
Viele Jahre lang habe ich heimlich, still und leise darunter gelitten, dass ich dachte, dass mein Vater über mich denkt, dass ich kein richtiger Mann bin. Vielleicht ein Irrtum. Vielleicht hätte ich ihn irgendwann lange vor seiner Demenz und seinem Sterben einfach fragen sollen. Er war aber kein Mann der Worte. Und ohne Worte war für mich einfach nicht zu erkennen, ob er vielleicht doch heimlich, still und leise stolz war auf seinen unsportlichen Einserschülersohn, seinen Psychologensohn (eigenartiger Beruf) mit dem Prädikatsexamen, den Bandleader einer christlichen Rockband und Mitbegründer einer christlichen Basisgemeinde. Ich habe mir die Sehnsucht nach seiner Anerkennung verboten und tapfer „mein Ding“ gemacht – genau wie er.
Wir sind in der Tiefe in Vielem einander ähnlich, nicht nur in dieser stummen Entschlossenheit, eigene Vorstellungen in die Tat umzusetzen und es lästig zu finden, darüber reden zu sollen. Warmherzigkeit, Güte, Treue und Festigkeit, vor allem aber eine große stille Willenskraft habe ich von ihm geerbt. Die Frage, ob ich ein richtiger Mann bin, habe ich aus dem Katalog der Fragen gestrichen. Aber über lange Jahre meines Lebens hat die tapfere Unterdrückung der Sehnsucht nach der Anerkennung des Vaters meine Brust hart und mein Herz schwer gemacht.
Ich höre ähnliche Geschichten, wenn ich Männern zuhöre, wenn sie im Kreis der Männer ihre Biografien erzählen. Und es ist ja wahr: Wir haben es bitter nötig, wesentlich, d.h. persönlich, emotional, aus der inneren Erfahrung heraus sprechen zu lernen und uns im wahrsten Sinn des Worts zu äußern. Vielleicht zuerst einmal über das sprechen, was uns stumm macht – meistens läuft das auf Angst vor Verurteilung, Beschämung, Verachtung hinaus. Deswegen ist es mir in der Arbeit mit Männern besonders wichtig, dass ein Klima des nicht-wertenden Zuhörens entstehen kann. In der soldarischen ehrlichen Aussprache in der Runde der Männer entsteht es oft ganz von selbst.
Dann kann zur Sprache kommen, was jeden tiefer bewegt. Vater, Mutter, Arbeit, Sex, Frauen… Und es ist immer gut, nicht nur in der Runde zusammen zu sitzen, sondern auch gemeinsam etwas zu tun (z.B. ein Ritual am Feuer vorbereiten) und Sport zu machen. Oder wandern.
Aus guten Gründen (siehe oben) ist die Grundbotschaft meiner Arbeit mit Männern: Du bist ein richtiger Mann.
In der Wesenstiefe ist das Männliche auf Autonomie und Freiheit ausgerichtet. Ich bleibe in lebendiger Entwicklung, wenn ich in meiner Wesenstiefe das männliche und das weibliche (Verbindung, Bezogenheit) Prinzip spĂĽren und ausbalancieren kann. (siehe auch den Text: “Adam und Eva geträumt” ->PDF).
Eine lohnende Lebensaufgabe.
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